Literaturkreis: Whitehead
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Manches in der Rückschau könnte kaum symbolischer sein. Seine letzte Rolle, die er auf einem Kinderkirchentag spielte, war tatsächlich die von Petrus dem Apostel, der auch als „Menschenfischer“ betitelt wird. Nun ist Ewald Schulz nach 39 Jahren als Mitarbeiter der „Kirche mit Kindern“ in den Ruhestand getreten.
Vom Ehrenamt ins Hauptamt
Ewald Schulz stammt eigentlich aus dem Rheinisch-Bergischen Land. Obwohl er selbst in jungen Jahren als ehrenamtlicher Kindergottesdiensthelfer unterwegs war, hatte er zunächst ganz andere berufliche Pläne. Nicht viele wüssten es, aber „ich habe ursprünglich mal Landschaftsbau studiert, weil mir das immer gefallen hat“, erzählt er. Aber die Vorlesungen, damals in Essen, mit an die 1.000 Studierenden, seien ihm zu anonym gewesen. „Das war nicht meins“, entschied er – und kam ins Saarland, nach Saarbrücken, um dort ein religionspädagogisches Studium aufzunehmen.
Immer schon hat er gerne mit Kindern gearbeitet, immer schon gerne Geschichten erzählt. Inspiriert und geprägt durch ältere Kigo-Helfer und durch Jürgen Koerver, den ersten Landespfarrer für Kindergottesdienst im Rheinland, war für ihn bald klar, wo er hinwollte. Und es klappte. 1984 dann trat er eine Stelle als Referent für Kindergottesdienst (Kigo) im südlichen Rheinland an. Es sollte seine einzige Stelle bleiben, die Stelle seines Lebens, eine Berufung bis zum Ruhestand.
Geschichten erzählen mit Herzblut, Händen und Füßen
Eines war und blieb stets das Größte für ihn: Kindern biblische Geschichten erzählen. Mit Händen und Füßen, mit Emotionen und wörtlicher Rede, zum Mitmachen und Miterzählen. Dabei ließ er sich nicht zuletzt von den Kindern selbst begeistern. „Wenn Kinder von ihren Abenteuern erzählen, erzählen sie gestenreich und mit viel Gefühl in der Stimme“, führt Schulz aus. Das versuchte er nachzuahmen. Hinzu kamen die unterschiedlichsten Erzähltechniken, die er sich über die Jahre aneignete, von der Erzählfigur über den Storybag bis zur Sandmalerei. Nicht selten war er Erzähler und Darsteller in einem. So schlüpfte er in die unterschiedlichsten biblischen Rollen, war Moses oder David, Jona im Wal oder Noah auf der Arche - und zuletzt eben Petrus der Apostel auf dem Kinderkirchentag 2023 in St. Wendel. Mit der gleichen mitreißenden Begeisterung und Energie wie noch 20 Jahre zuvor. „Die Phase der Midlife-Crisis habe ich irgendwie übersprungen, ich bin durch die Gottesdienste mit Kindern immer jung geblieben“, sagt er schmunzelnd. Erlebt man ihn einmal in Aktion, glaubt man es ihm sofort. Und man möchte mehr hören, was er zu erzählen hat.
Fortbildungen und Pilgern
Getan hat sich viel in vier Jahrzehnten. Über die Jahre veränderte sich die Arbeitsstelle „Kirche mit Kindern“ immer wieder. Landespfarrer für Kindergottesdienst kamen und gingen, auch seine Kollegen. Ewald Schulz blieb und wurde zu dem Gesicht für Kindergottesdienstmitarbeitende zwischen Trier und Simmern, zwischen Bad Kreuznach und Saarbrücken. Generationen von Kigo-Helfenden hat er ausgebildet und begleitet, über 600 Fortbildungen organisiert, Erzählmethoden vermittelt, Kinderkirchentage vorbereitet und an ihnen mitgewirkt.
Hinzu kam seine zweite Leidenschaft, das Pilgern. Auf einer Tagung in Berlin kam im Kolleg:innenkreis die Idee auf, man könne ja auch mit Kindern pilgern. Schulz schritt zur Tat. 15 Pilgertouren mit Kindern auf den Jakobswegen der Region veranstaltete er, die letzte im vergangenen Sommer. Sich gemeinsam auf den Weg machen, war für ihn Weg und Ankommen zugleich. Da war auf seiner letzten Tour schon auch ein wenig Wehmut dabei. Für die Pilgerwanderungen hat sich nämlich keine Nachfolgelösung gefunden nach seinem Ruhestand.
Große Veränderungen im Arbeitsbereich
Das hängt auch mit Strukturveränderungen im Laufe der Jahre zusammen. Zunächst lange ein eigener Verband, ausgestattet mit einer Geschäftsstelle und in den ersten Jahrzehnten sogar mit Sekretärinnen, wurde die Kindergottesdienstarbeit unlängst in einen Arbeitsbereich im Landeskirchenamt der Evangelischen Kirche im Rheinland umgewandelt. Das habe dann doch noch viel verändert, meint Schulz. Man merkt: Nicht alles hätte er noch gebraucht auf den letzten Metern. „Früher konnte ich meinen Haushalt selbstständig planen“, bedauert er.
Dazu kommt die Unsicherheit, wie es mit dem Arbeitsfeld weitergeht, das er mit aufgebaut hat. Seine Stelle wird nicht wiederbesetzt. Zwar gibt es eine zuständige Dezernentin in Düsseldorf, aber die ist weit weg, ebenso die meisten Fortbildungsangebote, die es heute noch gibt. Was aber wird mit den Leuten in der Saar-Mosel-Hunsrück-Region, wo mittlerweile sogar die Kinder seiner früheren Kigo-Helfenden selbst im Kinder- und Familienbereich aktiv sind?
Ausblick
Den Materialdienst, eine zweimal jährlich erscheinende Arbeitshilfe für Kindergottesdienste, bleibt bestehen. Im Saarland wird eine Handvoll ehemaliger Weggefährt:innen von Ewald Schulz in diesem Jahr ein kleines Fortbildungsprogramm anbieten, nur vier Termine, neben- und ehrenamtlich getragen. Wie es danach weitergehen wird, steht noch in den Sternen. Derzeit löst Schulz das umfangreiche Materiallager auf, das er in den Jahrzehnten seiner Tätigkeit angesammelt hat: Regalmeter voll mit Arbeitshilfen und Fachliteratur, Kisten voller Tücher, Stifte und Bastelutensilien. Eine mitunter schmerzhafte Angelegenheit für Schulz, der sich damit tröstet, sein Büro im eigenen Haus künftig für seine Herzensprojekte nutzen zu können. Nun im Ruhestand will er für ein Jahr jegliches kirchliche Engagement ruhen lassen, um Abstand zu gewinnen. In ein Loch fallen wird er aber nicht, denn Pläne hat er genug: Haus und Garten harren der Pflege. Und er will „viel unterwegs sein“, natürlich auch auf Jakobswegen. Die Pilgermuschel hängt schon an seinem Rucksack.
Info:
Ewald Schulz wurde im Dezember in Düsseldorf offiziell von seinem Dienst in der Evangelischen Kirche entpflichtet. Die inoffizielle Verabschiedung für Kolleg:innen, Weggefährt:innen und Freund:innen findet statt am Sonntag, 25. Februar, um 15 Uhr in den Räumlichkeiten der Evangelischen Kirchengemeinde Saarbrücken-West in Klarenthal (Hauptstraße 67, 66117 Saarbrücken). Nach einem Gottesdienst besteht bei einem Umtrunk die Möglichkeit, sich persönlich von Ewald Schulz zu verabschieden.